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Die 10 Fehler der Podologie – Teil 1
Teil eins:
5 Punkte, die an der Podologie schlecht sind
Versteht mich nicht falsch: Ich liebe meinen Beruf! Ob am Patient, mit Kollegen, mit Auszubildenden- alles macht mir Freude und es wird niemals langweilig. Trotzdem gibt es Punkte, die wir beobachten müssen.
Wenn die folgenden 10 Dinge gut gelöst werden, katapultiert das die Podologie in Deutschland einen riesigen Sprung nach vorne!
Der Teil eins der Serie befasst sich mit den ersten 5 Punkten, kommende Woche sind weitere 5 an der Reihe. Wenn dir etwas fehlt, dann schreib mir gerne- die Liste ist sicher nicht abschließend, aber aus meiner Sicht sind das unsere Meilensteine und Zukunftsaufgaben.
1. Die hohe Nachfrage
Hört sich nicht nach einem Problem an, und ist auch wirklich zunächst einmal toll! Welcher Beruf hat schon 100 % sichere Erfolgsaussichten?
Allerdings sieht gefühlt niemand außer uns, welche Lawine auf uns zurollt.
In den kommenden 20 Jahren gibt es mehr Diabetiker mit DFS, mehr Ältere mit Fußkomplikationen, mehr Bedarf für neue Behandlungsmöglichkeiten wie NF und UI; dabei aber weniger Arbeitende und gleichbleibenden Nachwuchs.
In Zahlen: Wenn wir im Jahr 2040 alle DFS Betroffenen behandeln wollen, müssten wir unsere Behandlungskapazität um rund 400 % steigern (Aktuell 7 Mio Pod. Behandlungen pro Jahr GKV (Achtung: die Befunderhebung wird von der GKV Statistik als Behandlung gezählt, deshalb sind es erfasste 10 Mio Behandlungen, die aber nicht alle eine „echte“ PKB sind!) bis 2040 mindestens 30-40 Mio. Behandlungen nur für DFS nötig; Quellen unter dem Text)
Die Frage ist nicht: wie können wir das schaffen, sondern manchmal eher: wie können wir uns wehren?
Uns ein dickes Fell wachsen lassen, wenn wir die Nöte des Gesundheitswesens ausbaden müssen?
Ganz konkret bedeutet das, mit dem eigenen guten Gewissen zu selektieren, wer unsere kostbare Therapiezeit in Anspruch nimmt- und wer nicht. Das ist keine Kleinigkeit. Wie halten Podologen es aus, wenn Schmerzpatienten nicht drankommen können, weil die eigene Gesundheit, die Familie und der Feierabend vorgehen?
Zu viel von etwas Gutem kann auch schädlich sein.
2. Das erste Berufsgesetz
Unser Beruf ist noch ganz jung, auch wenn uns 20 Jahre lang erscheinen mögen. Das Berufsgesetz zeigt einige Kinderkrankheiten, und wahrscheinlich wird jede Folgeversion ebenfalls eine kurze Halbwertszeit und eingebaute Fehler haben- so ist das eben in der Medizin und in unserem immer schnelleren Wissenszugewinn.
Was stört besonders?
- Dass keine nur Podologen vorbehaltenen Tätigkeiten benannt sind.
- Dass die Bezeichnung medizinische Fußpflege statt durchgängig nur Podologe/in genutzt wird.
Unterstützend kommt dazu, dass in der Ausbildung 150 Stunden Fußpflegerische Maßnahmen (=Fußpflege) unterrichtet wird. Immer wieder taucht die Frage auf: darf da dann auch eine erfahrene Fußpflegerin die Podoschüler unterrichten? Ist doch nur Fußpflege…
Konnte keiner ahnen, dass das so schwierig mit der Abgrenzung wird.
Mich stört auch, dass nicht von Anfang an drei Jahre Ausbildung eingeführt wurden, wie für andere Therapeuten. Damit wurde sofort vermittelt, dass es eben nur ein kleinerer, irgendwie minderwertiger Therapieberuf ist. Warum?
An der kurzen Ausbildungsdauer hängen auch als Rattenschwanz Finanzierungsprobleme, was Fördermöglichkeiten über die Arbeitsagentur und auch das Krankenhausfinanzierungsgesetz angeht.
Ebenso ist der Zugang zu einem Studium fast immer an eine dreijährige Ausbildung gekoppelt, wenn man kein Abitur hat. Studieren geht also mit „nur“ einer Podoausbildung nicht. Doppelt blöd.
3. Kleine non-profit Vertretung
…statt Lobby
Ein Beruf ist so stark wie seine Vertretung gegenüber der Politik, und die ist wiederum so stark, wie die finanziellen Mittel es zulassen. Politische Arbeit kostet Geld.
Warum streiken die Therapeuten so selten? Weil sie in ihren ambulanten Praxen den Tagesausfall schmerzhaft aus der eigenen Tasche zahlen müssen, wenn die Praxis geschlossen bleibt. Das „freut“ die Politik.
Wir haben 3 Verbände mit gleichen Zielen, die alle im Ehrenamt Politik machen, was bei der Tragweite der Arbeit eigentlich ein Unding ist. Außerdem wäre gebündelte Energie besser als mehrere Verbände, so harmonisch sie auch zusammenarbeiten. Das spart Verwaltungskosten- eine gesetzliche Bürgerversicherung würde auch auf einen Schlag Verwaltungskosten unzähliger Krankenkassen freisetzen und der Versorgung zuführen. Der Vergleich hinkt natürlich, das Prinzip bleibt das gleiche.
Eine richtig starke Lobby haben wir nicht, wie man es „richtig macht“ leben uns die verkammerten MedizinerInnen täglich vor.
Aktuell finanzieren wenige Mitglieder die politische Vertretung aller Berufsangehörigen, und wir dürfen zwar verhandeln, haben aber wenig Mitbestimmungsrechte. Wir sind zu wenige mit zu wenig Geld und zu kurzem Atem (weil kein Geld) für ganz große Prozessführungen. Wir dürfen Stellungnahmen verfassen, die Entscheidungen fällen im GBA andere.
4. Schwammige Abgrenzung zur Fußpflege
Was genau ist jetzt eigentlich Pathologisch? Nahezu täglich werde ich mit dieser Frage konfrontiert. Mein Eindruck: jeder zieht die Trennlinie etwas anders, und genau deshalb brauchen wir (und die Verbraucher, und angrenzend Tätige) eine bessere Orientierung.
Und nicht nur immer den Verweis auf das Heilpraktiker Gesetz.
Ist jedes Hühnerauge krankhaft? Was ist mit Diabetikern, die gar keine Komplikation an den Füßen haben? Wann wird Hornhaut genau pathologisch? Immer dann, wenn etwas schmerzt? Muss jeder ältere Mensch mit Dauer-Medikamenten in Podologenhände?
Ich finde dieses Papier hilfreich, aber all meine Fragen werden damit nicht beantwortet.
Deswegen wünsche ich mir klare Behandlungsvorgaben mit benannten vorbehaltenen Tätigkeiten für Podologinnen und Podologen.
5. Nur ambulante Betriebe
Hört sich zunächst nicht nach einem Nachteil an, sondern eher nach einer Besonderheit.
Es bedeutet, dass wir zu 99,9% ausschließlich in den ambulanten Praxen arbeiten, und nicht z.B. angestellt im öffentlichen Dienst, in einer Uniklinik, in einer Reha, in einer staatlichen Schule. Es gibt vereinzelt Kolleginnen, die in Kliniken arbeiten, aber fast immer in anderer Funktion. In der Wundversorgung, oder in einer Praxis, die an eine Klinik angegliedert ist.
Niemand geht mit dem Koffer über die Stationen, und macht PKB als TVÖD Angestellte über die Fallpauschale (wenn, dann nur Selbständig für Selbstzahler).
Warum ist das so? Ich weiß es nicht.
Es gibt keinen Grund, warum wir das nicht genauso tun könnten wie andere Therapeuten. Inklusive Abrechnung über die Fallpauschale + DRGs. Große Häuser haben alles, Ergo-Logo-Physio, Musiktherapie, Massage…aber keine Podologie.
Hier der (übrigens einzige) Beweis:
Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/19/037/1903749.pdf
Was würde sich ändern, wenn wir in Kliniken vertreten wären?
- Wir würden in interdisziplinären Teams eine sichtbare Rolle spielen,
- Wir müssten an Teamsitzungen teilnehmen, eine Gesprächszeit über Füße haben. Und alle müssen zuhören!
- Wir hätten TVÖD-Beschäftigung, könnten Streiken, es gäbe einen Tarif für Podologie.
- Und: wir hätten mehr Praktikumsplätze für die Ausbildung, wenn begleitende Podos vorhanden wären.
Ganz schön dicke Bretter. Aber: hinschauen ist der erste Schritt, glaube ich.
Nächste Woche sind kommt die nächste Portion dieses Beitrags, mit den Folgepunkten:
- Beruf ohne durchlässige Karriereschritte
- Finanzielle Bremsen bei der Professionalisierung
- Der Frauenanteil überwiegt
- Dauerpatienten
- Ausbrennen durch Überforderung – oder zu Tode langweilen?
Fehlen dir wichtige Dinge?
Ich beschäftige mich sehr viel mit diesen Fragen, und wünsche mir sehr, dass dieser wunderbare und fundamental wichtige Beruf weiter wächst, gedeiht und Anerkennung findet.
Hier noch ausgewählte Quellen zur Versorgungsforschung:
https://www.gkv-heilmittel.de/fuer_vertragsaerzte/his_berichte/his_berichte.jsp
https://www.wido.de/forschung-projekte/heilmittel/
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_02_2019_Neue_Ergebnisse_Diabetes_Surveillance.pdf?__blob=publicationFile
https://www.ddg.info/politik/veroeffentlichungen/gesundheitsbericht
https://nachrichten.idw-online.de/2023/01/25/lancet-studie-zeigt-weltweite-verdoppelung-der-diabetes-typ-1-faelle-bis-2040
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