Podologische Therapie bei Schweißfüßen und -händen

Tipps gegen Schwitzen

Ich finde, so häufig kommen schwitzende Füße in einer „klassischen“ Podologiepraxis gar nicht vor. Unsere Patienten mit DFS können von einer ordentlichen Schweißproduktion nur träumen…

Aber plötzlich ist der Sommer da 😉 Jugendliche mit eingewachsenen Nägeln, aber auch ganz normale schweißgeplagte Menschen kommen, (wenn sie sich nicht zu sehr schämen), und die Füße „trockenzulegen“ ist ein Therapieziel.

Hier habe ich einige bekannte, aber auch unbekanntere podologische Therapien bei Schweißfüßen zusammengestellt, damit du deinen übermäßig schwitzenden Patientinnen und Patienten verschiedene Möglichkeiten anbieten kannst.

Warum schwitzen wir?

Schwitzen dient der Thermoregulation und kühlt uns durch die Verdunstungskälte bei großer Hitze ab. Des Weiteren werden Giftstoffe ausgeschwemmt und die Elastizität und Geschmeidigkeit der Haut unterstützt, gerade an den Füßen.

In der Leistenhaut sind keine Talgdrüsen vorhanden, da gibt es nur die Schweißdrüsen zur Feuchthaltung.

Talgdrüsen sind an die Haarbälge gekoppelt, und die Behaarung fehlt der Leistenhaut. Um das auszugleichen, besitzen die Keratinozyten der oberen Hautschichten kleine Lamellarkörperchen, die Lipide für die Hornschicht der Epidermis enthalten und die Hornzellen wie Mörtel miteinander verkleben.

Das Thema Duftdrüsen und passenden Partner für die Fortpflanzung klammern wir an den Füßen einmal aus 😉

Wie viel schwitzen ist normal?

Gute Frage! Medizinisch gibt es vor allem eine Antwort auf die Frage, wie viel zu wenig ist. Täglich sehen wir Menschen mit Folgekomplikationen und Hautbarrierestörungen durch zu wenig Hautfeuchtigkeit.

Dazu kann ich dir mein Webinar „#Hautpflege“ am kommenden Dienstag sehr ans Herz legen, nicht nur weil es INCIs und Produkte unter die Lupe nimmt, sondern auch Möglichkeiten der erfolgreichen (=verbindlichen) Patientenkommunikation aufzeigt.

Zu viel Schwitzen

„Zu viel“ wird subjektiv durch den verursachten Leidensdruck bestimmt, und kann mit verschiedenen Messverfahren quantifiziert werden. https://www.stark-gegen-schwitzen.de/hyperhidrose-diagnose/hautmessung/

Schweißfüße sind mehr als nur ein kosmetisches Problem!

Schweißbedingte Krankheiten

  • an den Füßen wird sehr übelriechender Schweiß als Brom- bzw. Kakhidrosis bezeichnet, dessen Ursache abgeklärt werden sollte
  • Beim Keratoma sulcatum  treten zusätzlich zum unangenehmen Geruch typische kleine bis größere Löchlein in den verhornten Fußarealen auf, die durch bakterielle Besiedlung verursacht werden.
  • bei kühlen, klammen und feuchten Füßen ist die Wahrscheinlichkeit von Superinfektionen um ein Vielfaches erhöht (Verrucae! Mykose!), da das Eindringen der Infektion und die Vermehrung in kühlem, zirkulationsarmem Klima „besser“ funktioniert
  • Der sogenannte Immersionsfuß entsteht, wenn tagelang Feuchtigkeit in okklusiven Schuhen die Haut angreift und zu Superinfektionen führt
  • Scham und psychischer Leidensdruck führt zu Nachteilen im Arbeitsleben und zu sozialer Isolation. Das betrifft zwar eher Hände und Gesicht, aber warum sollten wir nicht auch Handprobleme lösen?
  • Unguis incarnatus bei Jugendlichen wird häufig durch die Kombination enge, okklusive Schuhe (Vans, Chucks) und Schwitzen befeuert, bis hin zur massiven Hypergranulation. Feuchtigkeit verstärkt die Reibung im Nagelfalz, weshalb Trockenlegen therapieentscheidend ist.

Was hilft gegen Schwitzen?

Die podologische Therapie bei Schweißfüßen setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:

  1. Ursachenfindung
  2. Innere, endogene Therapie
  3. Äußerliche, exogene Therapie
  4. Beratung

1) Ursachenfindung

Wenn unangenehmer Geruch vorhanden ist oder Hautprobleme (Effloreszenzen, Entzündungszeichen, Infektionen) vorhanden sind, muss eine ärztliche Diagnostik erfolgen.

Ohne Diagnose keine zielführende Therapie (z.B. bei Keratoma sulcatum lokale Antibiose).

Wenn einfach „nur“ viel Schweiß produziert wird, können viele verschiedene Maßnahmen ans Ziel führen.

Schrittweises Ausprobieren ist immer gut, denn so findet man am besten heraus, welche Maßnahme Wirkung gezeigt hat.

2) Innere, endogene Therapie

Salbeitee trinken ist eine schnelle Sofortmaßnahme, die eine starke Sekretionsreduzierung bewirkt.

Dabei werden je nach Schweregrad mehrere Tassen Salbeitee pro Tag getrunken. Eigentlich kann man nichts falsch machen, außer dass es eher eine zeitlich begrenzte Maßnahme ist, weil einem der Tee irgendwann zum Hals raushängt.

3) Äußerliche, exogene Therapie

1) Deos, Sprays, Cremes

Bei leichteren Fällen können Frischesprays, Fußdeos oder auch ein Antitranspirant Erleichterung bringen.

Sanfte Wirkstoffe wie Farnesol und Zitronensäureester haben beide geruchshemmende und antibakterielle Eigenschaften. Farnesol maskiert hauptsächlich den Geruch, während Triethylcitrat den pH-Wert der Haut senkt. Dadurch hemmt es den Enzymabbau bei der bakteriellen Zersetzung und verhindert so die Bildung von Gerüchen.

Stärker wirken chemische Antitranspirantien: Aluminiumsalze wie Aluminiumchlorid ziehen durch Entzug von Wasser die Schweißdrüsen zusammen und reduzieren dadurch die Schweißproduktion. Sie können (selten) reizend wirken und Entzündungen der Schweißdrüsen verursachen.

Neben den frei verkäuflichen Pflegeprodukten können auch verschreibungspflichtige Cremes Erleichterung bringen. Seit 2022 ist Axhidrox, eine stark schweißreduzierende, verschreibungspflichtige Creme auf dem Markt.

2) Leitungswasser-Iontophorese

Iontophorese ist eine phantastische Methode, Patientinnen und Patienten mit übermäßiger Schweißproduktion zu helfen.

Ich habe bereits einige Riesen-Behandlungserfolge mit überglücklichen und dankbaren Menschen erzielt, und dass ohne Nebenwirkungen und mit minimalem Aufwand!

Was ist Leitungswasser-Iontophorese?

Die Leitungswasser-Iontophorese ist eine nicht-invasive und schmerzarme Methode der Elektrotherapie, die in der Regel über mehrere Sitzungen hinweg angewendet wird. Die Dauer und Häufigkeit der Behandlungen variieren je nach Schweregrad der Hyperhidrose und dem individuellen Ansprechen des Patienten auf die Behandlung.

Wie läuft die Behandlung ab?

Bei der Leitungswasser-Iontophorese werden zuhause mit einem speziellen Koffergerät die Füße bzw. Hände in Leitungswasser gebadet, das unter schwachen, gerade so spürbaren Gleichstrom gesetzt wird.

Anwendung Leitungswasser Iontophorese
Anwendungsbeispiele Leitungswasser-Iontophorese

Bildquelle: https://www.saalmann-medical.de/iontophorese/saalio-iontophorese-geraet/

  1. Die Elektroden werden in das Wasser und bei Bedarf mit Schwamm Applikatoren an die betroffenen Körperstellen platziert (Achselhöhlen, Stirn). Manchmal werden auch Badezusätze benutzt, es funktioniert aber auch ohne hervorragend.
  2. Die Stromstärke soll dabei im niedrig spürbaren Bereich liegen, was individuell sehr unterschiedlich sein kann.
  3. Es gilt nicht „viel hilft viel“- das kann Verbrennungen zur Folge haben (habe ich bisher noch nie erlebt).
  4. Kontraindikationen sind Schwangerschaft, Metalle im Strombereich, offene Wunden. Herzschrittmacher oder andere elektrische „Ersatzteile“ sollten vom Arzt oder der Ärztin freigegeben werden.
  5. Dann wird 10-15 Minuten gebadet, das ganze täglich, in Ausnahmefällen auch mehrfach täglich. Nach spätestens 2-3 Wochen sind erste Ergebnisse spürbar.
  6. Wenn diese erste Phase abgeschlossen und die Haut auf ein normales Niveau gebracht wurde, muss der Effekt nur noch aufgefrischt werden, je nach Bedarf 1-2-3 x pro Woche reicht dazu aus.

In seltenen Fällen zeigt sich leider keine Reaktion– diese Patienten sind immun, und müssen leider anders behandelt werden.

Die genaue Wirkungsweise der Leitungswasser-Iontophorese ist noch nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass die Ionen den Schweißfluss blockieren oder die Elektro-Stimulation die Schweißdrüsen vorübergehend „umpolt“.

Die Methode kann auch Nebenwirkungen wie Hautreizungen oder vorübergehende Trockenheit der Haut verursachen, die jedoch in der Regel reversibel sind. Es ist wichtig, diese Behandlung ärztliche Abzuklären, auch weil die Geräte als Hilfsmittel verschrieben werden können.

Hier findest du ein Anwendungsvideo:

https://schuhfriedmed.at/video/swi-sto-3-iontophorese-geraet-abhilfe-bei-erhoehter-schweissbildung-an-haenden-fuessen-und-achselhoehlen/

Ich habe bereits mehrere Fälle erlebt, die sich wie Wunderheilungen angefühlt haben.

Eine junge Frau, die jahrzehntelang niemandem die Hände schüttelt, Angst vor jedem professionellen Menschenkontakt hatte, und dann ist die Feuchtigkeit nach zwei Wochen wie weggezaubert.

Oder ein Herr mit einer schlimmen, quälenden chronisch-entzündlichen Dermatose durch die ausgewaschene Fußhaut- einfach weg.

Beide mussten sogar eincremen, da die Haut plötzlich etwas trocken wurde. Vorher undenkbar!

4) Beratung

Materialien für schwitzende Füße

Schuhe und Strümpfe

Ein luftiges Schuhklima spielt eine entscheidende Rolle: Bei schwitzenden Füßen sind natürliche Materialien wie Leder, Stoff und Kork die beste Wahl, da sie Feuchtigkeit absorbieren können.

  • Es ist wichtig, den Schuhen nach dem Tragen einen Tag Zeit zu geben, um vollständig zu trocknen und Keime zu reduzieren.
  • Zur Vorbeugung von Infektionen können Schuhdesinfektionsmittel und Schuhpuder (z. B. Obadan), das die Trockenheit im Schuh verbessert und Gerüche bindet, verwendet werden.
  • Stark beanspruchte Schuhe sollten regelmäßig aussortiert und entsorgt werden.
  • Für spezielle Anforderungen (Kleinkinder, Herbst und Winter) stehen moderne Membranmaterialien wie Gore-Tex, Sympatex oder Hipora zur Verfügung. Die spezielle Gore-Tex-Membran leitet den “Dampf“ von innen durch winzigste Öffnungen ab, und ist gleichzeitig wasserabweisend von außen. Das funktioniert optimal, solange die Außentemperatur nicht zu hoch ist. Ab etwa 23°C reichen die Poren der Membran nicht mehr aus, um Staunässe zu verhindern.
  • Ein ähnliches Prinzip wird von der Firma Geox angewendet. Bei ihren Modellen sind durchlässige Perforationen in Regionen mit einer hohen Anzahl von Schweißdrüsen eingearbeitet, um eine Verdunstung von Feuchtigkeit zu ermöglichen.
  • Die Unterbekleidung und die Strümpfe sollten Schweiß weitertransportieren, anstatt ihn aufzusaugen.
  • Baumwolle ist in Gore-Tex-Schuhen nicht zu empfehlen, besser sind Kunstfasern oder feine Wolle wie Merino-Wolle. Bambus und Viskose sind ebenfalls gut, günstig und strapazierfähig.
  • In normalen Lederschuhen ist häufiges Sockenwechseln von normalen Baumwollsocken wichtig, wenn Nässe entsteht.

 

Praxis-Tipp: Zimt-Einlegesohlen können bei leichteren Fällen antibakteriell wirken, und duften gleichzeitig angenehm. Sie sind ein toller Verkaufs- oder Geschenkartikel! https://www.zimtsohlen-direkt.de/

Hautpflege

Tatsächlich kann es die Haut schädigen, wenn das Schwitzen zu häufigem Waschen verleitet. Wer täglich mehrfach Fußwaschungen betreibt, verändert den Säureschutzmantel und die Gefahr von Ekzemen und Dermatitis steigt.

Deshalb sollte bei strapazierter, geröteter, gereizter Haut tatsächlich ein Versuch gestartet werden, die noch feuchten Schwitzfüße direkt einzucremen- ohne vorher Wasser zu sehen!

Klingt komisch, ist aber wirklich hilfreich. Jedenfalls muss das ausgedehnte Waschen reduziert und das Hautmilieu gestärkt werden, auch wenn man sich hygienisch erst einmal dran gewöhnen muss.

Ich habe es ausprobiert bei einem Patienten- und der Hautzustand wurde wirklich 95% besser unter „Waschverbot“ und Iontophorese.

Fazit

Es gibt noch viele weitere Behandlungsmöglichkeiten. Dieser Beitrag ist zu kurz, um alle Möglichkeiten umfassend zu beschreiben, z.B. habe ich die physikalische Therapie noch komplett ausgeklammert, und auch im ärztlichen Bereich gibt es einige Möglichkeiten wie chirurgische Entfernung von Schweißdrüsen, Botox-Injektionen und Medikamente.

Für uns als Fußbehandler gilt: Wenn Schwitzen zum Problem und zur Belastung wird, gibt es zahlreiche Therapiemaßnahmen, die nach und nach ausprobiert werden können.

Unsere Patientinnen und Patienten müssen zum Glück nicht Opfer der eigenen Schweißproduktion bleiben, oder mit stinkenden Füßen leben!

 

Weitere Quellen für medizinische Behandlungsmöglichkeiten findest du auch hier (auf Englisch):

https://www.hmpgloballearningnetwork.com/site/podiatry/current-concepts-diagnosing-and-treating-hyperhidrosis?key=hyperhidrosis&elastic%5B0%5D=brand%3A79113

https://www.hmpgloballearningnetwork.com/site/podiatry/article/3034?key=hyperhidrosis&elastic%5B0%5D=brand%3A79113

 

 


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