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Burn-on in der Podologie
Burn-on in der Podologie
Erkennen, ernst nehmen, eingreifen
Ich finde, Berufsinformationen sollten wie Arzneimittel gehandelt werden.
Ich stelle mir das so vor:
Junger Mensch an der Berufsinformationstheke
Berater: Ah, Podologie wollen Sie lernen? Das ist phantastisch, die haben unglaublich viel Nachfrage, Spaß und Sinn finden Sie dort auch, und die Verdienstmöglichkeiten haben sich gut entwickelt in den vergangenen Jahren…
Junger Mensch nickt eifrig, und sieht sich schon in schicker Arbeitskleidung zwischen verzückt blickenden Patientinnen und Patienten durch einen lichtdurchfluteten Wartebereich wirbeln…
Berater: Aber warten Sie (scannt sein Computerprogramm)
…ah, hier hab ich noch ein paar Nebenwirkungen, einen Moment…
Als Risiken und Nebenwirkung haben wir Nackenschmerzen und Verspannungen, Ärger mit der deutschen Bürokratie und den endlosen Vorschriften, und…warten Sie, noch ein Punkt… die Gefahr durch eine hohe Arbeitsbelastung.
Aber dagegen habe ich was, (kramt geschäftig in einer Schublade)…darf ich Ihnen gleich diesen Magensäureblocker ins erste Praktikum mitgeben? 😉
Spaß beiseite:
Überlastung, Arbeitsverdichtung und belagerungsähnliche Nachfrage ist ein Zustand, den du vermeiden kannst, und dem du nicht hilflos ausgeliefert bist.
Rein ins Thema!
Burn-on
In ihrem Podcast-Interview mit Ralf Buchner berichten Anke Handrock und Maike Baumann von einem Zustand, der vor der Überlastung kommt:
das Burn-on.
Burn-on ist das Hamsterrad: wenn der Blick nach rechts und links zunehmend fehlt, und auch keine richtige Freizeit mehr vorhanden ist.
Tagsüber Patienten, zuhause warten die Kinder, jeder will etwas, der Kontakt mit Freunden ist auch nur ein weiteres to-do. Man läuft und läuft und läuft.
Die Risiken dieses Zustandes liegen auf der Hand: keine Pause, keine Erholung, kein Abstand zur Arbeit (und auch private Care Arbeit ist Arbeit), kein echtes Frei belasten den Körper durch einen ständig erhöhten Adrenalin- und Cortisol Spiegel. Schlafmangel, Bluthochdruck, Gefäßveränderungen, Diabetes sind schleichende, aber dramatische Folgen.
Am Ende wird man unweigerlich krank.
Was außer der eigenen Gesundheit steht noch auf dem Spiel? Das soziale Klima, das die betroffene Person verbreitet.
Und das ist keine Kleinigkeit: Gereiztheit ist soziales Gift.
Aber auch ohne Gereiztheit entstehen Konflikte:
Notorisches Arbeitsverhalten ist ansteckend, und ein toxischer Chef oder eine toxische Chefin infiziert das gesamte Team.
Meine Haltung und Werte als Führungskraft färben unweigerlich ab- muss es immer noch „einer mehr“ sein, und muss ich die ganze Welt retten?
Es ist irritierend, wenn die Chefin auf die Pausen der Mitarbeitenden achtet, aber selbst immer durcharbeitet.
Im schlimmsten Fall entstehen aus diesen unterschiedlichen (unausgesprochenen) Erwartungshaltungen dramatische Personal-Konflikte.
Was hilft gegen Burn-on?
Wir sind keine Jedis, und können nicht wirklich gut alle Bedürfnisse gleichzeitig befriedigen. Das zu akzeptieren kann schon hilfreich sein.
Zwei Dinge helfen, diesen heiß gelaufenen Zustand abzukühlen, um nicht durchzuschmoren:
Ein „soziales Korrektiv“: Außenstehende, die uns die hohe Belastung spiegeln und uns darauf hinweisen, dass wir im Hamsterrad strampeln. Die Schwierigkeit: Diese Hinweise werden häufig nur genervt abgetan oder nicht ernst genommen und bagatellisiert. Ist ja auch immer noch was zu erledigen, die Tätigkeit so wichtig, die Nachfrage so hoch!
Regeln einhalten: das Arbeitsschutzgesetz ist ein guter Rahmen, um die Gesundheit zu schützen. Pausenzeiten, Feierabend, keine Arbeit nach Hause nehmen. Hört sich einfach an, fällt Selbstständigen aber häufig total schwer.
Konkrete Tipps, um sich Freiraum zu erobern:
- Nicht durchziehen! Tipp: Einen Wecker für die Pause stellen. Dieser darf so lange nicht ausgeschaltet werden und muss mit der snooze Funktion erinnern, bis wirklich Pause gemacht wird.
- In der Pause die Praxis verlassen.
- Das Telefon so präparieren, dass Anrufer, die nicht bedient werden können, ausgefiltert werden. Das erspart Auseinandersetzungen, die zu nichts führen außer Energieraub (z.B. mit der Ansage „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aktuell keine neuen Termine vergeben, und Sie aus diesem Grund auch nicht zurückrufen können“ oder „Sollten Sie eine Spangenbehandlung benötigen, hinterlassen Sie eine Nummer; in anderen Fällen kontaktieren Sie bitte Ihre Krankenkasse“)
- Telefonzeiten einführen. Stummschalten des Telefons.
- Den Feierabend verbindlich einhalten; einen Freund oder eine Kollegin bitten, zum Feierabend anzurufen, ob man auch wirklich Schluss macht.
- Die Abrechnung und Administration innerhalb der Praxiszeiten planen. Die letzte Behandlung passend terminieren.
Wenn dich das Thema anspricht, hör dir hier den ganzen Podcast an:
https://www.up-aktuell.de/podcast/mach-mal-pause
Was aber tun, wenn es schlimmer wird? Der Übergang zwischen Burn-on und Burn-out ist fließend.
Alarmzeichen von Überlastung in der Podologie
Das fatale ist, dass niemand morgens aufwacht, und wie bei einer Erkältung feststellt, dass der Burnout da ist. Der Übergang zum Krankwerden ist fließend.
Deshalb ist es wichtig, den inneren Seismografen auf Alarmsignale zu eichen.
Ich werde immer hellhörig, wenn ich bei Kolleginnen und Kollegen ungesunde Verhaltensweisen und Überlastungs-Vorstufen entdecke.
Sicher hörst du in deinem Kopf und im Gespräch mit Kolleg*innen auch oft diese Sätze:
„Wir wollen immer zusammen Pause machen, haben es aber noch nie geschafft“
„Die Nachbarin ist in Rente gegangen, und jetzt muss ich ihre Patienten übernehmen“
„Wenn ich erst die neue Mitarbeiterin habe, kann ich etwas weniger arbeiten“
„Jede Woche rufen 20 neue Patienten an und sind ungehalten, weil sie keine Termine mehr bekommen“
„In der Mittagspause mache ich immer die Notfallbehandlungen“
„Ein Mitarbeitergespräch? Wir klären die Sachen immer so zwischendrin“
„ich sollte mehr Sport machen, aber ich habe es noch nicht hinbekommen“
„Die ersten Jahre habe ich mich kaum getraut, Urlaub zu machen, weil die Patienten dann unversorgt sind“
Diese Situationen sind allesamt in der Podologie „normale“ Ausnahmen, die krank machen, wenn sie zur Regel werden.
Warte nicht auf den Tag X!
Deine Gesundheit ist wichtiger als alle anderen Gründe, Patienten, Geld, Verpflichtungen...wenn du krank bist, war alles umsonst.
Kommende Woche steige ich noch etwas tiefer in dir Unterschiede zwischen Burn-on und Burnout ein.
Zum Abschluss wünsche ich mir, dass du auf dich achtgibst:
Fang bei dir an, aber hab auch offene Antennen für Kolleginnen und Kollegen, und unterstützt euch gegenseitig.
Stellst du bei dir Überlastungsanzeichen fest? Hast du schon eine Tandem-Partnerin die dich unterstützt?
Schreib mir in die Kommentare!
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